Gehorsame Angsthasen

 

Gedanken zu den Ostermärschen

 

Mit seiner Ankündigung, Deutschland solle kriegstüchtig werden, hat der für Krieg zuständige Minister Boris Pistorius etwas Selbstverständliches gesagt: Staaten führen Kriege. Allerdings herrscht seitdem Aufregung. Denn plötzlich ist vom Heimatschutz die Rede. Die Strategen halten es anscheinend für möglich, in Deutschland Krieg zu führen.


Von mir kann niemand strategische Vorschläge erwarten. Ich habe keinen Einblick in militärische Planungen. Aber ich weiß, dass bis 1989 feststand, die Bundesrepublik könne sich nur um den Preis der Vernichtung verteidigen. Wenn die Bundeswehr einen Schuss abgeben müsste, wäre das der Anfang vom Ende.


Der angekündigte Rückzug der USA aus Europa bringt nun alles durcheinander. Drohnen und taktische Atomwaffen bieten Kriegern neue Perspektiven. Womöglich planen die Militärs längst den Häuserkampf in den Metropolen. 


Plötzlich fragen besorgte Journalisten junge Männer: bist du bereit, dein Land mit der Waffe in der Hand zu verteidigen?


Es schlägt die Stunde der Helden in Gestalt alter Männer. Sie schwärmen von Aufgaben, die größer sind als man selbst. Sie überlegen, ob sie dem Sohn, wenn sie ihn am Bahnhof zur Front verabschieden, die goldene Familienuhr mitgeben sollen. Denn in ihren Träumen ist die Front ein Ort der Bewährung und der Soldat ein potentieller Held. In Wirklichkeit arbeiten potentielle Helden bei der Feuerwehr.


Mich erstaunt, wie schnell bürgerliche Menschen Klischees zur Hand haben, die längst erledigt oder bei Figuren wie Gauland und Höcke gut aufgehoben schienen.


Für Krieg spricht, dass er mit gehorsamen Angsthasen geführt werden kann. Frieden ist keine Option, denn der braucht selbstbewusste, mutige Kämpfer. 


Was können wir tun? Nicht viel, fürchte ich. Als ich kürzlich, vor dem Länderspiel gegen Italien, die Fans ihre Nationalhymnen brüllen sah, begriff ich: ein Krieg gegen Italien wäre leicht zu entfachen.


Die erste Forderung von Ukrainern nach dem russischen Überfall auf ihre Heimat, war der Ausschluss von Russen aus der deutschen Gesellschaft. Nur weil sie Russen waren. Die Friedensbewegten nahmen das hin. Sie zeigten sogar Flagge und solidarisierten sich mit dem ukrainischen Nationalstaat. Das sollten sie nicht tun.


Meine Solidarität gehört den Opfern des Krieges auf beiden Seiten. Russen sind Menschen, Ukrainer sind Menschen, sogar Deutsche sind Menschen.


Friedensarbeit fängt im Kleinen an und darf dort nicht aufhören. Wir sollten Deserteure aller Armeen schützen. Wir sollten nicht aufhören, zu sagen: Krieg ist ein Verbrechen. Vielleicht hilft es, lieber Ole Nymoen, keine Angst zu haben, wenn man uns vorwirft, wir seien Anarchisten.

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Kommentare: 1
  • #1

    Inge Averdunk (Donnerstag, 17 April 2025 15:11)

    Kriegstüchtig. Ich zucke jedes Mal zusammen, wenn ich das Wort höre oder lese. Mit jeder Wiederholung des Wortes wird Krieg "normal" gemacht.