Die Naivität der Krieger

 

Über die Liebe zum Vaterland

 

 

Wer als vernünftig akzeptiert werden will, betont in diesen Tagen, kein Pazifist zu sein, sondern Patriot. Pazifisten gelten als naiv. Krieg abzulehnen sei bestenfalls weltfremd, sagen Leute, die noch keinen Krieg erlebten. Pazifisten sind demzufolge Egoisten, Patrioten lieben ihr Vaterland. Wenn sie fürs Kämpfen zu alt sind – wie beispielweise Harald Martenstein, Campino oder Wolfgang Niedecken – schwärmen sie vom Heldentum und von der Bereitschaft des Soldaten, sein Leben im Kampf für die Freiheit zu opfern.


Angenommen, es hätte ein pazifistisches Konzept zur Verteidigung der Ukraine gegen den brutalen, völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegeben. Angenommen, nach drei Jahren hieße die Bilanz: die brutalen, völkerrechtswidrig angreifenden Russen stehen im Land, die pazifistische Verteidigungsstrategie forderte eine Millionen Menschenleben, hunderttausende Bürger und Soldaten sind verwundet. Die Pazifisten würden angeklagt, fahrlässig gehandelt zu haben, ohne einen vernünftigen Plan. Ihnen würde Naivität vorgeworfen. Es würde heißen, sie hätten Menschen einem Prinzip geopfert.


Die Militärs, die diese Bilanz nach drei Jahren Krieg in der Ukraine vorlegen, müssen sich nicht rechtfertigen. Ihnen glaubt man, es gebe keinen anderen Weg. Krieg ist angeblich alternativlos. Wer Waffen einsetzt, hat die Mehrheit auf seiner Seite.


Gefragt, ob er sein Vaterland liebe, antwortete Gustav Heinemann: Ich liebe meine Frau. Mit so wenig Patriotismus konnte man vor sechzig Jahren Bundespräsident werden. Unvorstellbar!

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